Haus Luise

Geschichte der Mutter-Kind-Häuser (MuKis) der Caritas Wien

Das erste Mutter-Kind-Haus (kurz auch MuKi) entstand 1993 in der Vorgartenstraße 90. Das jetzige Haus Immanuel begann klein mit leerstehenden Wohnungen im Haus, ehe es durch mehrere Umbauphasen erweitert wurde.

2009/2010 kam das Haus Luise dazu mit zusätzlichen Angeboten und letztendlich 2017 das Haus Frida, um auf den Bedarf von Müttern mit ihren Kindern zu reagieren, die keinen Anspruch auf Angebote der Wiener Wohnungslosenhilfe haben

Das Haus Luise auf einen Blick:

  • 2009 kam es im Zuge der „schönsten Muttertagsaktion aller Zeiten“ in Zusammenarbeit mit Ö3 zu einer großen Spendensammlung und zum Umbau des Hauses in der Schanzstraße mit Fertigstellung 2010.
  • Derzeit 16 Mitarbeiter*innen inkl. Haustechniker, Admin, 3 geringfügig Beschäftigte, Hausleitung.
  • Ein spezielles Angebot ist das Muvi-Projekt, eine videogestützte Anleitung nach Marte Meo.
  • Insgesamt gibt es 20 Wohnplätze, aufgeteilt auf 5 Akutplätze, 8 Mutter-Kind-Haus Plätze und 7 Plätze im Abklärungswohnen.

Nachgefragt! – Bei Elisabeth Mitterfellner (Teamkoordinatorin)

bra: Woher kommt der Name des Hauses?

Elisabeth: Im Zuge der Recherchen zu einem möglichen Namen, konnte eruiert werden, dass sich in der Schanzstraße 34 früher der „Luisenhof“ befand. Nachdem zusätzlich nachgeforscht wurde und sich herausstellte, dass die heilige Luise die Schutzpatronin der Sozialarbeitenden ist, wurde der Name Haus Luise festgelegt.

Welchen Auftrag erfüllt das Haus?

Das Haus ist in drei Bereiche geteilt. Es gibt fünf Luise Akut-Plätze für bis zu fünf Frauen mit ihren Kindern, welche akut wohnungslos sind. Dann gibt es das Mutter-Kind-Haus, in welchem Frauen mit ihren Kindern ein zu Hause für bis zu zwei Jahre finden und auf dem Weg zu einer eigenen Wohnung begleitet werden. Zudem gibt es das Abklärungswohnen, in welchem Frauen mit ihren Kindern einziehen können auf Zuweisung der Kinder- und Jugendhilfe, um eine intensive Anleitung und Abklärung zu ermöglichen.


Kolleg*innen gefragt! – Interview mit Barbara Fröstl

bra: Wie lange arbeitest du schon im Haus Luise?

Barbara: Ich arbeite seit 10 Jahren im Haus Luise mit einer Unterbrechung von einem Jahr. Mein Schwerpunkt ist das Muvi-Projekt (Mutter-Kind-Videointeraktion).

Was gefällt dir an deiner Arbeit besonders gut?

Mir gefällt an unserem Haus die Vielfalt, dass es drei verschiedene Bereiche gibt und dass man auch in seinem Interessensgebiet etwas anbieten kann, wie z.B. Kochen mit den Klientinnen oder Babymassage für die Mütter speziell im Abklärungswohnen. Mein Schwerpunkt ist das Muvi-Projekt, das mir besondere Freude macht, weil es von einem positiven Ansatz ausgeht. Mütter und Kinder werden in Interaktion gefilmt. Bei dieser Methode achten wir darauf, was die Mütter besonders gut machen und bauen darauf auf. Das funktioniert sehr gut, weil die Mütter nicht gewohnt sind, dass sie auch gelobt werden oder dass ihnen gesagt wird, dass sie etwas besonders gut können. Wir versuchen die kleinen Impulse zu verstärken. „Aus eigener Kraft“ kommt es zu Veränderungen, die die Erziehungsfähigkeit der Mütter aber auch ihre Persönlichkeit stärken.

Vielleicht fällt dir eine kleine Geschichte ein, die dir in Erinnerung geblieben ist, dich beeindruckt oder besonders berührt hat.

Eine alleinstehende Mutter mit ihrer Tochter fällt mir ein, die schon ein Jahr bei uns gewohnt hat. In einem unserer Muvi-Beratungsgespräche habe ich ihr anhand eines Videos gezeigt, was sie besonders gut macht. Als ich ihr in die Augen schaue, sehe ich, dass sie weint. Sie war so gerührt, weil sie noch nie von jemanden gelobt wurde. Ihre eigene Mutter hat immer nur gesagt, dass sie alles schlecht macht in der Erziehung. Sie hat zu mir gesagt, dass ihr zum ersten Mal in ihrem Leben jemand gesagt hat, dass sie eine gute Mutter ist. Die Frauen werden durch diesen positiven Zugang tatsächlich so unterstützt, dass sie wieder an sich selbst und ihre Fähigkeiten glauben.

Bei einem Fall kam die Mutter aus sehr prekären Verhältnissen und hat zuerst im Abklärungswohnen und dann im Mutter-Kind-Wohnen bei uns gewohnt. Die Tochter war beim Einzug noch ein Baby und hatte eine schwere körperliche und geistige Behinderung. Anfänglich konnte sie nicht einmal Schlucken und musste über eine Sonde ernährt werden. Die Prognosen der Ärzte waren gar nicht gut und es war nicht vorstellbar, dass dieses Kind einmal in eine normale Schule gehen kann. Wir haben viel Unterstützung zugeschaltet, z.B. Musiktherapie, Physiotherapie, usw. Viele Jahre später habe ich mit der Mutter wieder telefoniert und hörte ihr Kind im Hintergrund plaudern, da war es 8 Jahre alt. Die Mutter erzählte stolz, dass ihre Tochter nun in die Volksschule geht. Wir haben uns so gefreut über diese positive Entwicklung, weil wir doch einen Grundstein legen, die Abschiebung der Familie verhindern konnten und es eigentlich wie ein Wunder war.

Gibt es Erschwernisse im Arbeitsalltag?

Die Vielfalt im Haus macht viel Freude, ist aber auch eine Erschwernis, weil drei verschiedene Bereiche mit unterschiedlichen Konzepten und Hausregeln zu bewältigen sind. Es ist nicht einfach, mit unterschiedlichen Zielgruppen und Zielen zu arbeiten. Im Abklärungswohnen sind z.B. die Kinder die eigentliche Zielgruppe. Die Pandemie hat natürlich einen großen Einfluss auf unsere Arbeitsweise gehabt und auf das Gemeinschaftsleben im gesamten Haus. Das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes erschwert das Interagieren untereinander natürlich extrem, auch die Gespräche über ZOOM sind viel schwieriger als die direkten Betreuungsgespräche. Viele Dinge gehen dabei verloren. Die sprachlichen Hindernisse, die es sowieso schon gibt, werden durch die Pandemiemaßnahmen noch schwieriger. Das Gemeinschaftsleben der Frauen untereinander wird gestört, wenn sie so wenig wie möglich miteinander tun, Abstand halten sollen und einen Mund-Nasen-Schutz tragen müssen. Ich möchte aber festhalten, dass sich unsere Mütter sehr diszipliniert verhalten haben. Trotz aller Widrigkeiten haben sie die Pandemie bisher toll gemeistert.

Was wünschst du dir für die Zukunft des Haus Luise?

Wir alle wünschen uns wieder ein Stück weit Normalität, dass wir unsere Gemeinschaftsaktivitäten wieder leben können, z.B. gemeinsames Kochen, Gruppen für Babymassage usw. Unsere Schwerpunkte sollen wieder durchgeführt werden können, Gespräche persönlich stattfinden, ohne auf die Distanz zu achten.

Ein großer Wunsch von mir ist, dass das Muvi-Projekt weiter ausgebaut wird. Mit der Kinder- und Jugendhilfe gibt es immer wieder Verhandlungen, dass dieses Projekt auch im Abklärungswohnen möglich wird. Ich wünsche mir auch den Ausbau in anderen Bereichen der Caritas, z.B. in der Pflege, in Beratungseinrichtungen, …

Vielleicht gibt es etwas, das du dem Betriebsrat mitteilen möchtest?

Wir haben im Team gemeinsame Anliegen an den Betriebsrat besprochen. Einen Corona-Bonus hätten sich alle in unserem Haus wirklich verdient. Als Haus mit Dauerbetrieb haben wir jetzt ein paar Zugeständnisse bekommen. Das motiviert die Mitarbeiter*innen in dieser schwierigen Zeit. Etwas Unmut gab es bei den Betriebsausflügen im letzten Jahr, weil Mitarbeiter*innen dann doch nicht teilnehmen konnten. Prämien für besondere Leistungen von Mitarbeiter*innen wurden gestrichen. Besonders in dieser schwierigen Zeit wäre es gut, wenn solche Prämien vergeben werden könnten. Unsere Arbeit ist schwierig und die langen Tage sind herausfordernd, da würden wir uns für die Mittagspause ein gesundes Essen wünschen, eine Belieferung bzw. eine Kostenunterstützung. Das wäre für uns auch im Sinne einer Psychohygiene gut.

Arbeitszeitverkürzung ist ein Thema, viele haben die Arbeitszeit reduziert, weil sie sonst Job und Familie/Ausbildung nicht vereinbaren können. Die Arbeit ist doch sehr intensiv und anstrengend. Wir würden uns von Seite des Betriebsrates mehr Nähe zu den Mitarbeiter*innen wünschen. Die Mitarbeiter*innen sollten dazu befragt werden, wo sie stehen, welche Anliegen sie haben (Fragebögen). Auch bezüglich der Diskussionen im BR sollten die Mitarbeiter*innen miteinbezogen werden. Ich gehöre zur Altersgruppe über 50 und würde mir schneller die 6. Urlaubswoche wünschen.


  • Bericht & Interviews: Andrea Abedi, langjährige Mitarbeiterin in der Sozialberatung, seit 2018 im Haus Immanuel; Betriebsrätin
  • Fotos: (c) Caritas Wien