Die carlas in Wien  

Wofür steht carla?

Der Name carla steht für die Abkürzung Caritas Laden. In Wien findet man die Läden im 5. Bezirk am Mittersteig carla mittersteig und im 21. Bezirk carla nord. In Wiener Neustadt gibt es zudem das carla süd. Die carlas gibt es schon 35 Jahre.

Im Zentrum des Konzeptes der carlas steht der Gedanke, eine Spendendrehscheibe für verschiedene Gebrauchtwaren zu etablieren. Es können dort Waren aller Art in der Spendenannahme vorbeigebracht werden, die dann von Mitarbeiter*innen sortiert und einerseits direkt in den Läden verkauft, aber auch für Caritas Einrichtungen bzw. Hilfslieferungen verwendet werden. Ein Teil der Second Hand-Produkte wird einkommensschwachen Menschen über die sogenannte carla card plus zu stark reduzierten Preisen zur Verfügung gestellt. Der Erlös der carlas fließt ins Unternehmen zurück und wird verwendet, um Trainings- und Arbeitsplätze für langzeitarbeitslose Menschen zu schaffen.

Ein paar Fakten zu den carlas:

  • In den carlas arbeiten rund 70 angestellte Mitarbeiter*innen. Darüber hinaus gibt es pro Standort
  • 2 Lehrplätze für am Arbeitsmarkt benachteiligte junge Menschen
  • 10-15 Transitarbeitsplätze für ehemals langzeitarbeitslose Menschen
  • 4-5 Freigänger aus Justizanstalten
  • sowie täglich 3-6 Remunerant*innen, die stundenweise beschäftigt werden.
  • 2021 wurden 4.450 Tonnen Sachspenden gesammelt, sortiert und wieder in den Verkauf gebracht.
  • 1.270 Tonnen davon sind Kleidung, die in den rund 140 Kleidercontainern in Wien und NÖ gesammelt wurde.

Pro carla Standort werden täglich…

  • eine halbe Tonne nur an Textilien für den Verkauf sortiert,
  • gut erhaltene Secondhand-waren von 100 bis 200 Personen abgegeben,
  • kaufen rund 300 bis 500 Menschen ein.

Ein Blick zurück, wie alles begann…

„Die Idee, einen Second Hand Laden aufzumachen, hatten die Kolleg*innen aus der Sozialberatung im Jahr 1986, da der Bedarf an Möbeln und Kleidung für Klient*innen immer größer wurde“, erzählt mir Elisabeth Mimra, Leiterin der carlas und stellvertretende Leitung des Fachbereiches für Sachspenden und Logistik.

„Ebenso gab es immer mehr Anfragen von Spender*innen, die der Caritas gerne gut erhaltene Dinge überlassen wollten. Nachdem man eine Weile in einer Garage im 1. Bezirk gearbeitet hatte, wurde schnell klar, dass der Platz nicht reicht. So wurde kurz darauf der erste Standort, das carla mittersteig, angemietet und eröffnet. Drei Jahre später kam mit dem carla nord der zweite Standort dazu. Eine Gratis-Kleiderausgabe im carla süd gibt es seit 1987.“

Seit damals hat sich viel getan und entwickelt, berichtet die langjährige Leiterin der carlas. „Einige Jahre später wurde aus dem ersten Abhol-LKW ein transportcenter mit etlichen Fahrzeugen, das seither gut erhaltene Möbel von Spender*innen abholt und in die carlas bringt. Zuletzt wurde vor wenigen Jahren das carla depot gegründet, das sehr gut erhaltene, hochwertige Büromöbel in einem kleinen Schauraum auf dem Gelände des carla nord in der Steinheilgasse verkauft. Wir arbeiten auch gerade an unseren eigenen carla Onlinestore, der im Verbund mit 19 anderen sozialen ReUse-Betrieben auf der Plattform widado.at im Laufe des Sommers an den Start gehen wird.“

carlas als Drehscheibe für Sachspenden und Secondhand aller Art

Beide Standorte in Wien, das carla mittersteig und carla nord, sind in großen Verkaufshallen mit je mehr als 4.000 m2 untergebracht, in denen auf Liebhaber*innen von Secondhandwaren viele Schmankerl warten. Von antiken und ausgefallen Möbelstücken, allen möglichen Dingen des Alltags, dem vielleicht fehlenden Stück des schönen Porzellangeschirrs zu Hause bis zu Schnäppchen bei Designerkleidung und Ausgefallenem bei Schmuck, Bildern oder Teppichen. Ein toller Ort, um zu stöbern und fündig zu werden.

In beiden carlas gibt es eine Spendenannahme. Christina Ilsinger arbeitet zwar nicht an vorderster Stelle in der Spendenannahme im carla nord, sie ist im Textilbereich tätig, die Sortierung der Textilien beginnt aber schon im hinteren Teil der Spendenannahme.

„Ich habe hier den richtigen Arbeitsplatz für mich gefunden“, erzählt sie. „Haupt-sächlich bin ich für das gespendete Spielzeug zuständig. Das beginnt schon bei der groben Vorsortierung in der Spendenannahme für die Spielzeug- und Stofftiersäcke. Und ich kümmere mich auch um die Feinsortierung und Vorbereitung der Spielsachen für den Verkauf. Ich springe aber bei Bedarf auch in anderen Bereichen in der Textilabteilung ein.“

Natürlich bekommt Christine auch den Arbeitsalltag der Kolleg*innen mit, die die Spenden von den Kund*innen entgegennehmen. „Die Spender*innen sind in der Regel sehr freundlich. Manchmal herrscht wenig Verständnis, dass nicht alle Sachen angenommen werden können und das kann dann auch zu Diskussionen führen, warum wir z. B. fleckige Decken oder Geschirr, das man nicht mehr verwenden kann, nicht nehmen. Nach dem ersten Lockdown waren in den ersten Tagen sehr, sehr viele Kunden hier. Die Schlangen mit den Spender*innen um neun Uhr hat bis zur Gasse hinaus gereicht. Das war wirklich ein Wahnsinn, so einen Andrang habe ich hier noch nie erlebt.“ (*Anm.: Der Verkauf in den carlas war während der Lockdowns geschlossen, die Spendenannahme allerdings an zwei Tagen pro Woche für einige Stunden geöffnet)

Die Gebäude der beiden carlas in Wien sind schon etwas in die Jahre gekommen, das macht aber auch das besondere Flair aus. Die Hallen sind sehr groß und verfügen über hohe Räume, es gibt genug Platz, um alle gespendeten Waren gut zu präsentieren. Seit der Sanierung und Umgestaltung des carla nord 2020 gibt es auch Musterzimmer, von den Mitarbeiter*innen mit viel Liebe gestaltet.

Besonderer Einkaufsflair – besondere Belastungen für Mitarbeiter*innen

Bei all dem Charme der ehemaligen Werkshallen bedeutet die ältere Bausubstanz der carlas aber leider auch, dass die Mitarbeiter*innen in den carlas im Sommer und Winter teilweise extremen Temperaturen ausgesetzt sind. Im Zuge von Umbauarbeiten am Standort im 21. Bezirk wurde das carla nord saniert, es wurde eine neue Heizung eingebaut und die Wärmedämmung, dort wo es möglich war, verbessert. Seither sind die Arbeitsbedingungen deutlich besser geworden.

Das bestätigt auch Christine: „Die Temperaturen sind seit dem Umbau im Winter gut. Im Sommer gäbe es noch Handlungsbedarf, aber ich verstehe, dass es finanziell schwer umzusetzen ist. Aber es ist wirklich schon deutlich besser geworden.“ Über die Belastungen im Sommer erzählt uns auch Ala Verovnik, eine Mitarbeiterin im Möbelverkauf im carla nord: „Im Winter ist es gut, nur im Sommer ist es bei der Hitze schwer erträglich. Wir haben dann auch keine gute Luft. Es ist manchmal schwer zum Aushalten.“

Auch im carla mittersteig sind die hohen Temperaturen im Sommer sowie die Kälte im Winter und die damit verbundenen gesundheitlichen Belastungen am Arbeitsplatz ein jährlich wiederkehrendes Thema. Derzeit können die Arbeitstage im Sommer aufgrund der Hitze für die Mitarbeiter*innen besonders anstrengend sein. So erzählt uns Richard Caha, ein langjähriger Kollege, der seit 20 Jahren im carla mittersteig im Möbelverkauf tätig ist: „Besonders belastend empfinde ich die Hitze in der wärmeren Jahreszeit. Ich bin immer sehr erschöpft nach so einem heißen Tropentag im carla“.

Um die temperaturbedingten Belastungen für Richard und seine Kolleg*innen zu reduzieren, laufen aktuell Gespräche zwischen dem Vermieter, der Geschäftsführung und unserer Bauabteilung, um mögliche Investitionen zur Verbesserung der Temperaturen zu schaffen.

Auf die Frage, was gut läuft, erzählt er uns: „Der Kontakt mit den Kunden ist manchmal lustig. Wir bekommen von aufmerksamen Stammkunden Obst, manchmal Kuchen und auch Kaffee. Die Preisgestaltung der Möbel, mein Fachgebiet, war eine Herausforderung, aber ich habe viel gelernt. Für mich anstrengend waren dann immer die Preisdiskussionen mit Kund*innen. Manchmal konnten wir Kund*innen auf unsere Aktionstage vertrösten, um noch günstigere Preise anbieten zu können.“ Richard geht bald in Pension, hat dafür aber schon einiges vor: „Ich gehe mit einem lachenden und weinenden Auge! Ich freue mich, mehr Zeit für meine Hobbies zu haben.“ Er möchte dann sakrale Devotionalien weiter sammeln, mehr klassische Musik hören und wieder Klavier spielen. „Aber die Gemeinschaft und der Spaß mit meinen Kolleg*innen werden mir fehlen. Ich werde, wenn ich dann in Pension bin, gerne an meine Kolleg*innen zurückdenken. Wir haben viel Spaß miteinander, wir sind ein großartiges Team.“

In den carlas arbeiten neben den fix angestellten Mitarbeiter*innen auch viele freiwillig engagierte Menschen, Freigänger*innen, Transitarbeitskräfte und Remuneranten (Anm.: Menschen ohne Dienstverhältnis, die für Hilfstätigkeiten einen geringen Anerkennungsbeitrag erhalten, z. B. Asylwerber*innen) mit. Zudem gibt es viele Trainingsarbeitsplätze. Sie alle werden in den unterschiedlichsten Arbeitsbereichen, wie zum Beispiel in der Spendenannahme, im Textilbereich, in der Sortierung, im Büro, in der Werkstatt, im Möbelverkauf, in der Regalbetreuung und Reinigung eingesetzt.

Das bedeutet einen nicht unbeträchtlichen Personalwechsel, aber die Kolleg*innen vor Ort schätzen diese Zusammenarbeit im Großen und Ganzen. Christina meint dazu: „Die Zusammenarbeit bzw. der ständige Wechsel der Transitarbeitskräfte/Traininingskräfte ist sehr spannend, kann in seltenen Fällen aber auch schwierig und herausfordernd sein.“ Viele freiwillige Mitarbeiter*innen kommen schon seit Jahren gerne in die carlas und sind eine wichtige Stütze für die Kolleg*innen geworden.

Auch Ala hat viele lobende Worte für die Stimmung untereinander im Team: „Besonders gut gefällt mir das Betriebsklima. Es ist immer okay und besonders gut finde ich die Betriebsausflüge. Das ist etwas ganz Schönes, dass wir gemeinsam mit Kolleg*innen einmal im Jahr etwas unternehmen können. Es ist ein Relaxtag für uns.“

Auf die Frage, was sie sich für ihre Zukunft wünscht, meint Ala: „Für mich? Das einzige, das ich mir für meine Zukunft wünsche, ist, dass das Betriebsklima immer so bleibt, wie es jetzt ist. Unsere Arbeit ist nicht so einfach und wir haben viele Herausforderungen. Bei manchen Kund*innen braucht man schon viel Geduld. Ich sage aber immer, ist alles nicht tragisch, wir schaffen das schon.“ Und lachend fügt sie noch an: „Und naja, mehr frische Luft hier.“


  • Bericht & Interviews: Nina Zechner, langjährige Mitarbeiterin im carla nord, seit 2021 Stv. Vorsitzende des Betriebsrates; Ursula Preimesberger, langjährige Mitarbeiterin im carla mittersteig und seit vielen Jahren Teil des Betriebsrates
  • Fotos: (c) Caritas Wien